Auch nach dem Serienende: Harry Potter Fans lesen weiter
PwC-Umfrage: Kein Leseknick nach Ende der Erfolgsserie / Insgesamt lesen Erwachsene in Deutschland aber weniger Bücher / Frauen, gut Gebildete und Kinder sind die Stützen des Buchmarktes / Jüngere kaufen häufiger online
Die meisten Kinder sind traurig über das Ende der Harry-Potter-Reihe, die große Mehrheit will aber weiter Bücher lesen. Das ist eines der Ergebnisse einer repräsentativen Studie zum Lese- und Kaufverhalten von Erwachsenen und Jugendlichen in Deutschland, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) anlässlich der Internationalen Buchmesse 2007 in Frankfurt am Main vorstellt. Frank Mackenroth, Leiter der Branchengruppe Entertainment and Media von PwC Deutschland "Zumindest um die kleinen Leser muss sich die Branche keine Sorgen in der Post-Harry-Potter-Ära machen. Die Mehrzahl der Erwachsenen liest aber nach eigenen Angaben seltener Bücher als früher".
Verlage und Buchhandlungen müssen sich demnach weiterhin auf stagnierende Umsätze gefasst machen. PwC prognostiziert im "Global Entertainment and Media Outlook: 2007-2011" für die Branche einen Umsatzanstieg von gut 8,3 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 8,6 Milliarden Euro 2011. Das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von durchschnittlich nur einem Prozent.
Die überwiegende Mehrheit der Befragten kauft nach eigenen Angaben häufig (22 Prozent) oder zumindest gelegentlich (51 Prozent) Bücher. Im Durchschnitt erwarb jeder Erwachsene seit Jahresanfang gut zwölf Bücher, fast ein Drittel der Befragten (318 von 1.011) hat allerdings 2007 noch kein Buch gekauft. Von den Befragten mit Haupt- oder Volksschulabschluss kaufen 42 Prozent nie Bücher, von den Befragten mit Abitur geben dies immerhin zehn Prozent zu.
Für die Studie wurden 210 Kinder zwischen zehn und dreizehn Jahren sowie 1.014 Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren interviewt. Die repräsentative Befragung fand vom 10. bis 21. September 2007 statt.
Jeder Zehnte hat Harry Potter gelesen
Fast alle Menschen in Deutschland haben schon einmal von Harry Potter, dem Zauberlehrling der Erfolgsschriftstellerin Joanne K. Rowling, gehört. Von den befragten Jugendlichen und Erwachsenen über 14 Jahren wissen 92 Prozent, wer sich hinter diesem Namen verbirgt, von den Zwölf- bis Dreizehnjährigen sogar 99 Prozent.
"Auch wenn Kinder größere Harry-Potter-Fans sind als Erwachsene, ist der Erfolg der Serie generationsübergreifend", so Mackenroth zu den Auswirkungen des Harry-Potter-Hype. Jeder vierte Befragte über 14 Jahren hat wenigstens einen Band gelesen, jeder zehnte sogar die gesamte Serie. Von den Kindern kennen über 50 Prozent eine oder mehrere Folgen, 20 Prozent haben alle bisher erschienenen Harry-Potter-Bücher gelesen. Bei den Erwachsenen stehen vor allem die Frauen treu zu Harry Potter. Von ihnen haben 15 Prozent alle Bände gelesen, während dies nur fünf Prozent der Männer von sich sagen.
Insgesamt ist mit 59 Prozent der überwiegende Teil der befragten Kinder traurig über das Ende der Serie. Ein Leseknick ist nach dem Abschied von Harry Potter aber nicht zu befürchten. Immerhin 92 Prozent der befragten Kinder wollen künftig andere Bücher lesen, nur zwei Prozent glauben, ohne Harry "weniger Lust zum Lesen" zu haben.
Deutsche lesen weniger Bücher
Knapp die Hälfte der Erwachsenen (46 Prozent) liest nach eigenen Angaben heute weniger Bücher als früher. Diese Aussage machen nicht nur Menschen mit niedrigem Schulabschluss (53 Prozent), sondern auch über 30 Prozent der Befragten mit Abitur. "Dennoch untermauert die Studie den Befund, dass besser Gebildete auch häufiger Bücher lesen", betont Mackenroth. So etwa verfügen drei von vier erklärten Nichtlesern über einen Volks- oder Hauptschulabschluss.
Häufiger als früher lesen insgesamt nur 21 Prozent, weitere 7 Prozent waren nach eigener Aussage noch nie große Leser. Im Durchschnitt hat jeder Befragte seit Jahresanfang 11 Bücher gelesen, ausgesprochene Vielleser kommen bislang im Durchschnitt auf 24 gelesene Bücher.
Frauen und Kinder in Führung
Frauen und Kinder lesen überdurchschnittlich viele Bücher. Frauen sind mit durchschnittlich 13 gelesenen Büchern seit Jahresanfang nicht nur lesefreudiger als Männer (9 Bücher), sie kaufen auch häufiger (rund 14 gekaufte Bücher gegenüber 11 bei den Männern).
Insgesamt lesen Kinder deutlich häufiger als Erwachsene. So greifen 28 Prozent der Befragten zwischen 10 und 13 Jahren nach eigener Einschätzung sehr oft zu Büchern, weitere 44 Prozent oft. Lediglich 27 Prozent lesen selten und sogar nur zwei der 210 befragten Kinder geben an, nie Bücher zu lesen. Während 35 Prozent der Mädchen unter 14 Jahren behaupten, sehr oft zu lesen, sagt dies nur jeder fünfte Junge.
Internet-Nutzer lesen mehr
Wer häufig im Internet surft, liest auch mehr Bücher. In der Gruppe der Vielleser nutzt jeder zweite sehr häufig das Internet. Umgekehrt sind viele Nichtleser auch nie online (62 Prozent).
Intensive Internet-Nutzer ("täglich/fast täglich online") haben seit Jahresanfang durchschnittlich 13 Bücher gelesen, Nicht- Nutzer hingegen nur 10. Fast die Hälfte (44 Prozent) der Befragten, die das Internet nicht oder kaum nutzen, kaufen auch nie Bücher, während annähernd 30 Prozent der Vielsurfer häufig Bücher erwerben.
Buch und Papier gehören zusammen
Trotz aller Bemühungen um das E-Book sind Buch und Papier für die weitaus meisten Befragten nicht zu trennen. Zwar liest jeder zehnte Erwachsene nach eigenen Angaben eher auf dem Computerbildschirm als in einem gedruckten Buch. Das trifft aber vor allem auf die erklärten Nichtleser zu (24 Prozent), während nur zwei Prozent der Vielleser häufiger elektronische als gedruckte Texte lesen.
Mackenroth: "Bemerkenswert ist auch, dass Hörbücher eher selten gehört werden. Nur sechs Prozent der Erwachsenen nutzen zu Hause oder unterwegs oft Hörbucher, und lediglich drei Prozent haben schon mal ein Hörbuch aus dem Internet auf ihren MP3-Player herunter geladen." Allerdings sind Hörbücher bei Kindern deutlich beliebter: 21 Prozent lauschen oft dem Vorleser von CD, Kassette oder MP3-Player.
Online-Buchhandel holt auf
Die kleine Buchhandlung "um die Ecke" ist trotz der wachsenden Konkurrenz beliebt. Hier kaufen mit 36 Prozent der Buchkäufer sogar etwas mehr Kunden "oft" ein als in einer Filiale der großen Ketten. Umgekehrt kaufen 27 Prozent nie in einem kleinen Laden, während fast 40 Prozent grundsätzlich einen Bogen um Thalia, Hugendubel und Co. machen.
Der Online-Buchhandel spielt noch eine untergeordnete Rolle. Nur jeder dritte Befragte kauft seine Bücher oft oder zumindest ab und an im Internet, 66 Prozent ist dieser Einkaufsweg bislang fremd geblieben. Allerdings kaufen Jüngere deutlich häufiger online als ältere Kunden: Während 84 Prozent aus der Generation 55 plus noch nie Bücher per Mausklick gekauft haben, hat dies bereits mehr als die Hälfte der Kunden unter 35 Jahren schon einmal getan.