Die Kristallkugel des Zentauren

„Ihr müsst Euch jetzt ein bisschen ablenken, weil es bestimmt ein Weilchen dauert, bis eine Nachricht zurückkommt“, sagte er und deutete auf die Kristallkugel. „Ein Zentaur hat sie dem guten alten Zmanek vor vielen Jahren einmal geschenkt. Sie zeigt merkwürdige Dinge aus der Zukunft, aber nie Beängstigendes. Ob es wirklich wahr wird, oder ob sie einen bloß verleitet, sich in die Richtung zu entwickeln,kann ich Euch nicht sagen. Als der gute alte Zmanek noch in Transsylvanien war und als Drachenfänger gearbeitet hat, hat sie einmal ein paar Jobberknolls gezeigt...“

Zmanek lachte merkwürdig und reichte Harry, Ron und Hermine noch etwas Schokolade, bevor er in den Kisten und Regalen kramte und die drei in die Kugel starrten.

Feine weiße Nebelschwaden waberten in der Kugel auf und sahen schließlich fast aus wie der Inhalt eines Denkariums, ehe sich langsam ein bewegtes Bild erkennen ließ: Muggelkinder drückten sich ihre Nasen an der Schaufensterscheibe eines Buchladens platt, hinter der sich viele Bücher mit vier verschiedenen Covern neben einer Pappfigur stapelten. Als die Buchumschläge deutlicher erkennbar wurden, klappte Hermine der Unterkiefer herunter - Ron und Harry stöhnten auf. „Harry Potter“ war deutlich und der Pappkamerad mit dem Besen sah Harry ähnlich, wenn auch nur sehr entfernt. Aus Rons Stöhnen war etwas wie Neid heraus zu hören, während Harry eher genervt klang. Harry erinnerte sich an das vergangene Schuljahr, wo Rons Neid auf Harrys ungewollte Berühmtheit schmerzliche Ausmaße angenommen hatte.

So rasch, wie die Szene verschwand, erschien eine neue: In einem Muggelkino flackerte ein Film, der zweifelsfrei ihre Gryffindor-Klasse bei der ersten Quidditch-Stunde zeigen sollte. Das erkannten die drei an den Ereignissen, wenngleich die Umhänge in dem Film zunächst das einzige waren, dass einigermaßen mit der Realität übereinstimmte. Auch wenn sich die Muggelschauspieler bemühten, das Vergangene gut darzustellen - sie schienen keine Ahnung von Magie zu haben, geschweige denn davon, wie es in Hogwarts aussah. Wie sollten sie auch. Es war erstaunlich genug, dass sie so gut über das Geschehene informiert zu sein schienen.

„Das soll ich sein?“, prustete Ron los, dessen Gesichtszüge sich entspannt hatten.

Auch Hermine und Harry mussten über den Muggelfilm lachen. Irgendwann verschwammen die Bilder wieder und die drei schauten sich ungläubig an. Sollte das wirklich die Zukunft sein? Und wenn ja, woher sollten die Muggel überhaupt so viel über das Leben der Zauberer erfahren haben? Vielleicht war die Zentaurenkugel auch viel mehr ein Geschichtenerzähler als ein Blick in die Zukunft. Schließlich stimmte der Film zwar ein wenig in der Chronologie, aber so gut wie gar nicht in der Darstellung und war mehr wie ein fabulöses Märchen, das zufällig sehr viel mit dem Leben von Ron, Hermine und Harry gemein hatte.

„Vermutlich ist es ein Zeichen, dass wir später für die Muggel schauspielern, statt Auroren zu werden“, murmelte Ron und ihnen erschien ein solches Leben zwar nicht gerade erstrebenswert, aber wesentlich ruhevoller, als ihr derzeitiges Abenteuer.

„Die Kristallkugel ist wie Fernsehen bei den Muggeln, das ihnen eine andere Wirklichkeit vorgaukelt und sie vom Alltag ablenkt“, mutmaßte Hermine, die Muggelkunde belegt hatte. Harry dachte an Dudley und nickte. Sein überfetter Cousin konnte sich richtig in die Fernseherei hineinsteigern und fühlte sich plötzlich selbst wie Rambo oder Crocodile Dundee.

Da kam eine große Eule durch die Fensteröffnung hereingerauscht. Harry musste an Hogwarts denken, das von den Muggeln nicht gesehen werden konnte, zu dem aber Eulen, Zauberer und alle möglichen anderen magischen Wesen problemlos finden konnten. Selbst ein Bergtroll war einmal bis ins Innerste der Schule für Hexerei und Zauberei hervorgedrungen.

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